Musik in Corona-Zeiten (27.4.)
aktualisiert: 27.4.2020 um 10 Uhr
Am Fuß dieser Nachricht finden Sie ein Kontaktformular speziell für Fragen und Nachrichten zu den massiven Einschränkungen der Musikszene während der Pandemie. Auch Anregungen und Hinweise zu dieser Seite nehmen wir dort gerne entgegen.
Auf behördliche Anordnung gemäß Infektionsschutzgesetz erfolgte Mitte März die Absage aller öffentlichen Veranstaltungen und Bildungsangebote. Nahezu alle Orchester, Chöre, Opern- und Konzerthäuser, die Musikfestivals, die Musikschulen, die öffentlichen und privaten Musikveranstalter in Deutschland und Europa stellten ihren Betrieb ein. Dies hat gravierende Folgen für die Musikszene.
Um den Kulturschaffenden zu helfen und der langfristigen Zerstörung der kulturellen Infrastruktur entgegen zu wirken, schnürten Berufsverbände und die Bundesregierung sowie die Landesregierung Schleswig-Holsteins verschiedene Hilfspakete. Aktuell sind dazu Nachbesserungen im Gespräch – siehe dazu die Forderungen des Deutschen Musikrates.
Finanzielle Hilfen für selbständige Musiker*innen:
- Unter #KulturhilfeSH rief der Landeskulturverband Schleswig-Holstein einen Nothilfefonds aus. Darin sammelt er Spenden als Projektmittel für Künstler:innen und freiberufliche Kulturschaffende. Die Landesregierung gab 2 Mio. Euro in den Fond. Antragsteller:innen müssen in Schleswig-Holstein leben und arbeiten, überwiegend freiberuflich beschäftigt sein und in ihrem Antrag ein Projekt skizzieren. Dafür gibt es 500 Euro.
- Die Spendenkampagne der Deutschen Orchester-Stiftung steht unter Schirmherrschaft von Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Kirill Petrenko. Deren Nothilfefond spricht freiberuflichen Musiker:innen einmalig 400 Euro zu. Die Antragsfunktion wurde jedoch bis zum Eingang frischer Spenden geschlossen.
- Die Corona-Hilfe der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL) bietet Inhaber:innen eines Wahrnehmungsvertrags bei Honorarausfällen eine einmalige Soforthilfe in Höhe von 250 Euro. Die Antragsfrist läuft am 30.4. aus.
- Der Aufsichtsrat der GEMA hat ein zweiteiliges Nothilfe-Programm für GEMA-Mitglieder beschlossen. Ihr Corona-Hilfsfonds gewährt existenziell gefährdeten Komponisten, Textdichter:innen sowie Musikverleger:innen einmalige Übergangshilfen von bis zu 5.000 Euro. Der „Schutzschirm LIVE“ leistet Musikurhebern eine Vorauszahlung für künftige Ausschüttungen in den Live- und Wiedergabesparten.
- Die Corona-Soforthilfe des Bundes soll Solo-Selbständige rasch und unbürokratisch finanziell unterstützen. Antragsberechtigt ist, wer aufgrund von Finanz- und Sachaufwand einen Liquiditätsengpass belegen kann. Kosten des privaten Lebensunterhalts sind nicht durch die Soforthilfe abgedeckt.
- Das Sozialschutz-Paket des Bundes gewährt seit Ende März einen vereinfachten Zugang zur Grundsicherung (ALG II). Für einen befristeten Zeitraum bis September gilt, dass Rücklagen nicht zuerst aufgebraucht werden müssen. Die Grenze für Vermögen liegt bei 60.000 Euro plus 30.000 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied Auch wird die Bruttomiete in voller Höhe übernommen. Darüber hinaus erhalten Alleinstehende aktuell 432 Euro für ihren Lebensunterhalt, Kinder je nach Alter 250 bis 354 Euro. Für die Berechnung des individuellen Bedarfs wird eine Einkommensprognose erstellt. Fallen die Einnahmen am Ende tatsächlich höher aus, muss mit Rückzahlung der Leistungen gerechnet werden. Maßnahmen zur Arbeitsvermittlung erfolgen nur auf Wunsch der Antragsteller.
- Zusätzlich zum Kindergeld der Familienkasse erhalten Eltern mit Einkommensausfällen für 6 Monate einen Kinderzuschlag (KiZ) in maximaler Höhe von monatlich 185 Euro pro Kind. Voraussetzung ist Einkommen von mindestens 900 Euro brutto bei Paaren oder 600 Euro bei Alleinerziehenden.
- Personen mit niedrigem Einkommen können Wohngeld beantragen. Sind sie Mieter einer Wohnung oder eines Zimmers erhalten sie einen Mietzuschuss. Berücksichtigt wird die Nettomiete nur bis zu einem festgesetzten Höchstbetrag. Eigentümer eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung erhalten einen Lastenzuschuss. Einen Antrag stellt man bei seiner Amts-, Gemeinde- oder Stadtverwaltung.
Hilfreiche Maßnahmen für Kulturschaffende
Verschlechtert sich die Einkommensprognose, können Mitglieder bei der Künstlersozialkasse ihre Meldung korrigieren. Das Kürzen von Monatsbeiträgen führt jedoch auch zur Verringerung des eigenen Rentenanspruchs. Voraussetzung ist eine Änderungsmitteilung. Die KSK gewährt in Härtefällen bis 30. Juni zinslose Stundung der Beiträge oder Ratenzahlung.
Ver.di empfiehlt – am Beispiel der Schriftsteller – für selbstständige und freie Kulturschaffende, eine Ausfalldokumentation. Künstler sind dazu angehalten, abgesagte Veranstaltungen, Stipendien, o.ä. mit Datum, Zeit- und Gehaltsangaben sowie Veranstalter zu dokumentieren und ihren Anteil am Jahresgesamtumsatz zu schätzen. Die Dokumentation kann auch für spätere Förderungen oder Erleichterungen vorteilhaft sein.
Auch die Stundung oder das Herabsetzen von laufenden Vorauszahlungen zur Einkommens- und Körperschaftssteuer kann Linderung verschaffen. Dies kann vom zuständigen Finanzamt auf Antrag genehmigt werden. Es wird empfohlen anzurufen.
Hinweise für Veranstalter, Vereine und Verbände
Für Clubs und Festivals hat die LiveMusikKommission (LiveKomm) ihre Handlungsempfehlungen zur Abwehr von Insolvenz
Unter der Überschrift "Hilfe zur Selbsthilfe" veröffentlicht die LiveKomm Beispiele, von Kampagnen, mit denen Spenden und Einkommen für Clubs generiert wurden.
Am 25. März gab das Finanzministerium Schleswig-Holstein bekannt, dass Zuschüsse und Zuwendungen an Vereine und Verbände grundsätzlich weiterfließen, auch wenn der Zuwendungszweck nicht erreicht werden kann.
Ab sofort gelten erleichterte Bedingungen für Vereine zur Durchführung von notwendigen Vereinssitzungen. Zusammengefasst und veröffentlicht hat sie der Bundesmusikverband Chor und Orchester (BMCO).
Finanzhilfen für Kultureinrichtungen
Kultur- und Bildungseinrichtungen ab 10 bis zu 50 Beschäftigten erhalten Zuschüsse aus dem erweiterten Landessoforthilfeprogramm für Unternehmen.
Anfang April brachte die Landesregierung zudem ein Unterstützungpaket für die Kultur auf den Weg. Antragsberechtigt sind gemeinnützige Kultur- und Bildungseinrichtungen und Einrichtungen der Minderheiten und Volksgruppen.
Das Hilfspaket für Solo-Selbständige und Kleinstunternehmen der Bundesregierung umfasst finanzielle Soforthilfen. Mit den Zuschüssen können laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten und ähnliches bezahlt werden. Solo-Selbständige – also Selbständige ohne Beschäftigte, Einzelkünstler etc. – und Kleinstunternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten erhalten danach bis 9.000 Euro Einmalzahlung für drei Monate. Bei bis zu zehn Beschäftigten fließen bis 15.000 Euro Einmalzahlung für drei Monate.
Zusatzlich hat die Bundesregierung einen KfW-Schnellkredit 2020 beschlossen. Dieser ermöglicht finanziell gesunden Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft mit mehr als zehn Beschäftigten, einen KfW-Kredit von max. 800.000 Euro aufzunehmen. Bis zu 10 Jahre Laufzeit sind möglich.
Die Antragsfrist für Mittel aus dem Investitionsförderprogramm für die Freie Kulturszene und kleine Kultureinrichtungen Schleswig-Holsteins wurde bis zum 30. Juni verlängert. - Hierbei handelt es sich jedoch um Investitionszuschüsse und nicht Krisenhilfen!