Honorarkräfte an Musikschulen
Seit vielen Jahren wird eine Debatte um die Anstellungsart von Lehrkräften an Musikschulen geführt. In Schleswig-Holstein unterrichten knapp drei Viertel der 1.100 Lehrkräfte auf Honorarbasis.
Mit dem wegweisenden Gerichtsurteil des Bundessozialgerichts, das sog. „Herrenberg-Urteil“, im Sommer 2022 scheint sich dies nun grundlegend zu ändern. Das Gericht stellt darin fest, dass an Musikschulen keine unternehmerische Freiheit einer echten Selbstständigkeit herzustellen sei. Die Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit seien demnach nicht gegeben. Es kann dementsprechend so interpretiert werden, dass die Arbeitsbedingungen an öffentlichen Musikschulen einen sozialversicherungsrechtlich konformen Einsatz von Honorarverträgen nicht zulassen und eine Beschäftigung von Lehrkräften an Musikschulen als Honorarkräfte in der Regel nicht mehr möglich ist.
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben sich im Zuge dessen auf eine Neuausrichtung der Praxis von SV-Prüfungen bei Honorarkräften verständigt. In einzelnen Fällen, beispielsweise in Sankt Augustin, veranlasste das Gerichtsurteil erste Musikschulen dazu, auf Honorarkräfte zu verzichten.
Auswirkungen in Schleswig-Holstein
In der Praxis wirkt sich das Gerichtsurteil maßgeblich auf die Musiklandschaft aus. Insbesondere in Schleswig-Holstein stellen Honorarlehrkräfte bis dato den Großteil der Lehrenden an Musikschulen dar und unterrichten mit knapp 11.300 Jahreswochenstunden mehr als die Hälfte des gesamten Stundendeputats. Das Gerichtsurteil kippt die Möglichkeit der Honorarverträge für langfristige Unterrichtsangebote. Eine Umstrukturierung ist notwendig. Festanstellungen sind insbesondere vor dem Hintergrund wachsender Kooperationen beispielsweise im Ganztagsbetrieb sinnvoll. Für eine solche Überführung von Honorarverträgen in Festanstellungen bedarf es eines geregelten und gesicherten Finanzierungsmodells. Der Landesverband der Musikschulen Schleswig-Holstein äußerte sich in einem Positionspapier zu den Entwicklungen.
Der Landesmusikrat Schleswig-Holstein setzt sich für eine bessere Finanzausstattung der Musikschulen ein. Insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist es zwingend geboten, Musikschullehrkräften Festanstellungen anbieten zu können. Das im Koalitionsvertrag festgelegte Musikschulfördergesetz kann dabei entscheidende Weichen stellen.